Werbemails … und kein Ende – das Landgericht Stendal hat da was entdeckt

Mailing an Kunden
Darauf muss man erst einmal kommen.

Das LG Stendal hat mit Urteil vom 12.05.2021 (Aktenzeichen 22 S 87/20) einen Unterlassungsanspruch anerkannt und eine (zugegeben geringe) Entschädigung zugesprochen.

Und nun bitte gut aufpassen  Wegen – grob gesagt – nicht berechtigter Werbung in einer Bestätigungsmail für die Anmeldung zu einem Newsletter (im Double-Opt-In-Verfahren)! 
Der Kläger nutzte die E-Mail-Adresse grundsätzlich zu geschäftlichen Zwecken. Die Mail der Beklagten enthielt neben dem Bestätigungslink das Logo sowie den Satz: „Hast Du Fragen zum Newsletter? Kontaktiere uns über [mail xxx].“

Der Kläger machte im Verfahren Schadenersatz nach § 823 BGB wegen Eingriffs in einen eingerichteten Gewerbebetrieb. Die Beklagte hielt die Mail für eine normale Bestätigungsmail.

Das Landgericht urteilte wie folgt:

„Die Beklagte hat es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an der Geschäftsführung, (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre), zu unterlassen, an den Kläger, insbesondere zur Aufnahme eines geschäftlichen Kontakts, Werbeschreiben per E-Mail zu senden und/oder senden zu lassen, ohne dass der Kläger zuvor ausdrücklich in die Versendung eingewilligt hat. 

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 179,27 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18. Juni 2020 zu zahlen. 
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz zu tragen.“

Grundlagen der Entscheidung:

Werbemails sind grundsätzlich nur mit der Einwilligung des Empfängers zulässig; Ausnahme: siehe weiter unten

Nach dem UWG (§ 7 Abs. 2 Nr. 3) ist bei der Übersendung von Werbemails ohne ausdrückliche Einwilligung des Empfängers von einer „unzumutbaren Belästigung“ desselbigen auszugehen.

Werbung sind alle Maßnahmen im geschäftlichen Verkehr, mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen unmittelbar oder zumindest mittelbar zu fördern, mithin jede absatzfördernde Maßnahme (also ALLES, einschließlich der Weihnachtspost). Mir ist wichtig darauf hinzuweisen, dass ich hier nur die sog. „herrschende Meinung“ wiedergebe.

Auch im Bereich des UWG ist – unter engen Voraussetzungen – das Versenden von Werbemails an Bestandskunden erlaubt (§ 7 Abs. 3 UWG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO).

Diese engen Voraussetzungen sind:

  • Die Mailadresse muss der für den Werbeversand verantwortliche Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden erhalten haben.

Dies besagt, dass zwischen dem Unternehmer und dem Empfänger der Werbemail bereits ein Vertragsverhältnis, also nicht nur ein vorvertragliches Verhältnis, bestand. Er muss überdies die Mailadresse direkt von dem Kunden erhalten haben, d.h. nicht von Dritten oder aus anderen „Quellen“.

  • Diese Mailadresse darf nur für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen des Unternehmers verwendet werden.

Auch hier ist zu beachten, dass mit der Mailadresse nur eigene Waren und Dienstleistungen und nicht die von Dritten beworben werden dürfen. Daneben muss es sich dabei um Waren/Dienstleistungen handeln, über die zuvor ein Vertrag bestand, bzw. diese müssen mit den nun beworbenen einem ähnlichen Zweck dienen, mithin austauschbar sein.

  • Der Kunde hat der Verwendung der Mailadresse für Werbezwecke nicht widersprochen.
  • Der Kunde wird bei jeder Verwendung der Adresse klar und deutlich durch den Versender darauf hingewiesen, dass er der Verwendung jederzeit kostenlos widersprechen kann.

Hieran hat sich in diesem Fall der Beklagte nicht gehalten. Auf dieser Basis hat das Gericht wie folgt begründet:

„Durch die Zusendung der E-Mail … an die nahezu ausschließlich geschäftlich genutzte E-Mail-Adresse des Klägers “:::::::::@web.de” am 23. Mai 2020 um 15:29 Uhr hat die Beklagte in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers rechtswidrig eingegriffen. …
Eine unzumutbare Belästigung ist gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stets anzunehmen, wenn Werbung unter Verwendung elektronischer Post, ohne dass vorher eine ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt, versandt wird. …
Das Verwenden von E-Mails mit unerbetener Werbung, die der Empfänger jeweils einzeln sichten muss und bei denen ein Widerspruch erforderlich ist, um eine weitere Zusendung zu unterbinden, führt zu einer nicht unerheblichen Belästigung. …

Denn im Hinblick auf die billige, schnelle und durch Automatisierung arbeitssparende Versendungsmöglichkeit ist ohne Einschränkung der E-Mail-Werbung mit einem immer weiteren Umsichgreifen dieser Werbeart zu rechnen. Dies macht bereits die Zusendung einer einzelnen unverlangten Werbe-E-Mail unzulässig.“

So weit so gut, aber nun kommt die Besonderheit.

Die Werbung war in einer Mail enthalten, die im Rahmen der Newsletter-Anforderung im so genannten Double-Opt-In-Verfahren enthalten war (gewesen sein soll triffts besser). Die erhellenden Ausführungen des Gerichts dazu:

„Gemessen an der weiten Definition des Begriffs Werbung hat die streitgegenständliche Bestätigungsmail werbenden Charakter. Ihr Inhalt geht über den einer zulässigen, schlichten Transaktionsmail hinaus; diese wird durch die Hinzufügung werbender Elemente unzulässig … . Das Logo und der einladende Spruch “Welcome to ZzZzZzZzZ” sind geeignet, anders als durch eine bloße Absenderangabe auf die Marke “ZzZzZzZzZ” einprägsam aufmerksam zu machen und ein Absatz förderndes Kundeninteresse zu erzeugen. … . Aber auch der Zusatz “Hast Du Fragen zum Newsletter? Kontaktiere uns über info@ZzZzZzZzZ.de” wirkt mittelbar Absatz fördernd, da mit ihm ein Service, der das Ziel der Kundengewinnung hat, angeboten wird. … Darüber hinaus wird einer missbräuchlichen Generierung an sich zulässiger Bestätigungsmails nur dann nachhaltig Einhalt geboten, wenn ein strenger Maßstab an den zulässigen Inhalt der Bestätigungsmail angelegt wird.

Ist keinerlei werbender Zusatz erlaubt, so entfällt auch der Anreiz für einen Missbrauch.“ 

Fazit:
Bitte unbedingt die Bestätigungsmail im Double-Opt-In-Verfahren darauf durchsehen, ob diese nicht „Werbung“ enthält, sondern relativ schlicht-nüchtern ausfällt.

Wir meinen die Entscheidung geht eindeutig zu weit, es steht jedoch zu befürchten, dass andere Gerichte ebenso entscheiden.

Gott sei gedankt, hat der Kläger mit der Entscheidung nicht viel „Geld verdient“ was hoffentlich eine Klageflut ausschließt.

Werbemails … und kein Ende – das Landgericht Stendal hat da was entdeckt
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