Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO

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Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO

Ein Überblick über die deutsche Rechtsprechung zu diesem Thema.

Bei Verstößen gegen datenschutzrechtliche Vorschriften drohen nicht nur behördliche Maßnahmen bis hin zur Verpflichtung zur Zahlung von Bußgeldern, sondern auch zivilrechtliche Schadenersatzansprüche.
Auch wenn deutsche Gerichte da nach wie vor in der Tendenz vorsichtig agieren, droht zumindest eine gerichtliche Auseinandersetzung mit – ungewollter – Aufmerksamkeit.
Art. 82 Abs. 1 DS-GVO stellt eine Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung von materiellem oder immateriellem Schadensersatz dar.
Die Vorschrift wird in der gerichtlichen Praxis vermehrt in Anspruch genommen und es wird versucht, bei jeglichem datenschutzrechtlichen Verstoß gegen die DS-GVO einen entsprechenden Schadensersatz zu verlangen. Mittlerweile sind mehrere gerichtliche Entscheidungen zu diesem Themenfeld ergangen.

Im Nachfolgenden soll ein Überblick über die bisher ergangenen gerichtlichen Entscheidungen zum Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO gegeben werden. Der Überblick erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

=> Überblick

Der Überblick zeigt, dass die deutschen Gerichte den Art. 82 DS-GVO überwiegend sehr restriktiv auslegen und nicht jeglichen Verstoß gegen die DS-GVO ausreichen lassen. Die Entscheidungen des LG Lüneburg, LG Darmstadt, LG Wuppertal, AG Hildesheim und AG Pforzheim zeigen allerdings auch, dass bei Verstößen gegen die DS-GVO ein Schadensersatzanspruch in teils erheblichem Umfang zugesprochen werden kann. Die obergerichtliche Rechtsprechung hingegen versagt bisher durchgehend einen entsprechenden Schadensersatzanspruch bei Bagatellverstößen.
Hingegen ist die Arbeitsgerichtsbarkeit eher geneigt, einen immateriellen Schadensersatz zuzusprechen. Hier reichen bereits geringe und einmalige Verstöße der Arbeitgeber aus, um ein Schmerzensgeld zu rechtfertigen. Auch die österreichische Rechtsprechung scheint gerade bei Verstößen gegen die Auskunftspflicht nach Art. 15 DS-GVO zu einem Schmerzensgeld zu tendieren.

Besondere Aufmerksamkeit hat das Urteil des AG Goslar erfahren:
Das Gericht sprach dem klägerischen Anwalt kein beantragtes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichtsgestellt wurde, das aber den Betrag von 500,– EUR nicht unterschreiten sollte, nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO zu. Der Kläger hatte eine einzige Werbe-E-­Mail an seine berufliche E-­Mail-Adresse ohne vorherige Einwilligung erhalten. Nach Ansicht des AG Goslar stelle dieser Vorgang keinen Schaden i.S.d. DS-GVO dar.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Verfassungsbeschwerde beim BVerfG ein. Das BVerfG (B.v. 14.1.2021 – 1 BvR 2853/19;) gab der Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers statt. Das Urteil wurde aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG Goslar zurückverwiesen. Als Begründung führte das BVerfG aus, dass der Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO in der Rechtsprechung des EuGH gegenwärtig weder erschöpfend geklärt sei noch in seinen einzelnen, für die Beurteilung des im Ausgangsverfahrens vorgetragenen Sachverhalts notwendigen Voraussetzungen unmittelbar aus der DS-GVO bestimmt werden könne. Auch in der Literatur seien die Details und der genaue Umfang des Anspruchs noch unklar. Die Frage, ob ein Bagatellverstoß zu einem Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO führen könne, sei vorliegend noch nicht geklärt. Da das AG Goslar als letztinstanzliches Gericht dem EuGH nicht im Wege des Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV vorgelegt hatte, verstoße dies gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter gem. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG. Der EuGH sei als gesetzlicher Richter i.S.d. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG anzusehen.

Der Ball liegt nun beim AG Goslar. Es bleibt mit Spannung zu erwarten, wann das Gericht dem EuGH die konkrete Frage nach dem Umfang des Schadensersatzanspruchs nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO vorlegen wird.

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