Abschaffung der Bürgerrechte

Ein Baustein aus dem Corona-Bastelkasten

Corona

Achtung: der nachstehende Text kann Reste von Satire-Elementen enthalten, zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte Ihren alten Deutschlehrer oder den Ihres Kindes

Wir erfahren es am eigenen Leibe: Im Zuge der Corona-Bekämpfung wird den Gaststätten und Restaurants in vielen Bundesländern auferlegt, Kontaktdaten ihrer Gäste zu erfassen. Ohne diese Listen sei es für die Gesundheitsämter nicht nachvollziehbar, wer wann wie auf Infizierte getroffen sein könnte. Die Corona-Listen dienen damit der Nachverfolgung von Infektionsketten. Das wurde auch genau so kommuniziert – man brauche sich keine Gedanken zu machen, Datenschutz wirkt, wer es geglaubt hat, blieb selig.

Wie in den vergangenen Wochen mehrfach bekannt wurde, verschaffen sich vielerorts jedoch auch Polizeibeamte Einsicht in die Listen, um sie für ihre Zwecke zu nutzen. Mit Hilfe der Gästelisten lassen sich Verdächtige einengen, Zeugen finden, Straftaten aufklären. Apropos seliger Datenschutz: Ruhe in Frieden (zumindest bei staatlichen Eingriffen, die aber auch jeder Grundlage entbehren).

Seliger Trost: Bisher sei der polizeiliche Zugriff aber die Ausnahme gewesen: In Bayern zehnmal, in Hamburg fünfmal, in Rheinland-Pfalz ca. ein Dutzend Mal. Bremen hält sich bedeckt und spricht von Einzelfällen. Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Thüringen melden (noch) keine Zugriffe. Die Dunkelziffer ist sicher höher: Wie oft die Listen polizeilich herangezogen wurden, dürfte nirgends zentral erfasst werden, Mangels Interesse in Politik und Behörden an der Dokumentation der Rechtsverstöße. Aber ein Unternehmer, dessen Angestellte mal fehlerhaft einen Umschlag falsch adressieren oder an eine falsche Person aushändigen, müssen sich gleich selbst aufknüpfen (Entschuldigung: anzeigen bzw. noch beschönigender formuliert, die „Datenpanne melden“) und kriegen zur Belohnung ein saftiges Bußgeld. Selig ruhe der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Liebe Gastronomen, die Ihr durch die – von manchem auch für leicht überrissen gehaltenen, sogenannten Corona-Schutzmaßnahmen überzogen worden und über mehrere Monate des Einkommens beraubt (Entschuldigung: darf man wohl so nicht sagen, aber mir fällt kein anderes Wort ein) worden seid: sie haben kein Interesse an einer Auseinandersetzung mit der Staatsmacht, aber bitte beachten Sie im eigenen Interesse die nachfolgenden Hinweise:

Lassen Sie sich unbedingt schriftlich bestätigen, auf welche Befugnisnorm die Polizei ihr Verlangen nach Herausgabe bzw. Einsichtnahme der Listen stützt.

Am besten behalten Sie die (spätestens auf Ihr Verlangen) vorgelegte Beschlagnahmeanordnung als Nachweis.

Bitten Sie um Informationen zum Zweck und der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung.

Kommt die Aufsichtsbehörde auf sie zu, reicht es nämlich nicht, einfach nur auf die Polizei zu verweisen. Sie selbst sind in der Pflicht!

Der Strafverfolgung sind vorläufig noch einige wenige (auch datenschutzrechtliche) Grenzen gesetzt – die Polizei darf eben noch nicht alles. Sie ahnen es: Die Politik spielt auch in dieser Diskussion Datenschutz gegen Opferschutz aus, weiß sie doch genau, dieses Argument zieht bei den meisten.

Ein solches Handeln der Polizei bedarf (eigentlich noch) einer strafprozessualen Befugnis-Norm, etwa § 94 StPO.

Im Fall der Beschlagnahme gilt jedoch gemäß § 98 Abs. 1 StPO ein Richtervorbehalt. Bei Gefahr in Verzug entscheidet der Staatsanwalt.

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, betont die Wichtigkeit einer strengen Prüfung der Verhältnismäßigkeit: „Wenn der Verdacht einer Straftat vorliegt und andere Ermittlungsansätze nicht erkennbar sind, muss es die Möglichkeit geben, in solche Gästelisten einzusehen und die Daten auszuwerten, das sehen die jeweiligen Gesetze auch so vor.“

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) widerspricht aus Sicht der baden-württembergischen Corona-Verordnung: „Eine Verwendung etwa von der Polizei, um Straftaten zu verfolgen, ist unzulässig.“ (Motto: Auch ein blindes Huhn …?)

Natur- bzw. CSU-Gen- und Söder (Law-and-Order-Man next Generation) -gemäß hält der Bayerische Beauftragte für den Datenschutz, Thomas Petri das Vorgehen der Polizisten im Rahmen einer Beschlagnahme für zulässig.

In jedem Fall steht das tatsächliche Verhalten dem kommunizierten angeblich ausschließlichen Zweck, die Daten dienten ausschließlich der Infektionsketten-Rückverfolgung und damit der Corona-Bekämpfung, diametral entgegen.

So sieht das auch Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze: „Die Verordnung sagt: die Daten dürfen nur an die Gesundheitsbehörden weitergegeben werden. Und das Strafgesetz sagt: Bei einem besonders schweren Fall darf auch die Polizei auf diese Daten zugreifen. Transparenz und Klarheit können nur durch ein bundesweites Begleitgesetz erreicht werden.“

Martin Hagen, der Vorsitzende der FDP-Fraktion des Bayerischen Landtags, geht noch weiter: „Ein Zugriff durch die Polizei muss ausgeschlossen werden. Das Beteuern (…), die Daten nur bei besonders schwerwiegenden Delikten zu nutzen, reicht nicht aus. Gästedaten müssen tabu sein. Das muss gesetzlich klargestellt werden.“

Der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann (Law-and-Oerder-Man very old Generation) reagiert nach Konsum viel zu vieler Tatort-Folgen und Krimis harsch: „Die Polizei geht in einem Wirtshaus einem Mordversuch nach (Anm. des Verfassers: Wieso passiert das ausgerechnet im Law-and-Order-Söder-Land Bayern so häufig?) und sucht Zeugen. Nach Auffassung von FDP und Grünen sollte sie den Täter lieber laufen lassen, anstatt die Gästedaten beizuziehen, um den Täter zu ermitteln oder Gäste ausfindig zu machen, die etwas gesehen haben könnten. Einen vermissten Wanderer würden Herr Hagen und Frau Schulze wohl auch lieber seinem Schicksal überlassen. Das ist doch völlig absurd (Anm. des Verfassers: Sollte da nicht die Bergwacht mal lieber suchen, als die Polizei Daten Dritter sammeln?).“

Sogar Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sieht da (wohl nicht Fernseh-Krimi-umnebelt) klarer: „Diese Datenerhebungen zum Besuch in einem Lokal, einer Gaststätte, einer Veranstaltung sind nur für eine Nachverfolgung bei Corona Infektionen angeordnet worden. Alles andere ist Missbrauch und kontraproduktiv. Die Bürger müssen sich auf Anordnungen verlassen können!“

Ein treffendes Schlusswort für diesen Blog, ansonsten werden die inzwischen mehr als nur berechtigten Zweifel gegenüber behördlichem Handeln nur größer.

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