aber warum tun „Sie“ es dann? …
oder stellen sich zumindest alle Mittel dafür zur Verfügung?
Mit persönlich reichts schon länger, aber so allmählich sollte auch der Letzte langsam aber sicher wach werden: die Steuer-Ident-Nr. – so die offizielle Lüge – sollte nur dies sein und bleiben, wird aber tatsächlich zur allumfassenden Bürgernummer. Der von mir ausdrücklich nicht geschätzte Bundesinnenminister holt zombiehaft alle Jahre wieder die ihm schon mehrfach von Gerichten um die Ohren gehauene Vorratsdatenspeicherung hervor. Und, und, und …
Nun das Gesetz zur Stärkung der Sicherheit im Pass- und Ausweiswesen mit der Pflicht zur Speicherung von Abdrücken des linken und rechten Zeigefingers in jedem Bundespersonalausweis ab dem 02.08.2021.
„Ausweise gehen in Deutschland auf die von den Nazis ab 1938 eingeführte „Kennkarte“ zurück, deren Mitführen für Juden zwingend war. (…) In Spanien wurde die Erfassung von Fingerabdrücken für die nationale Identitätskarte, die bis heute gilt, 1940 während der Franco-Diktatur eingeführt. Was nun allen BürgerInnen aufgenötigt wird, steht also ganz klar in der Tradition verbrecherischer Regime.“ (Ralf Bendrath, Geschichte der Fingerabdrücke in Ausweisen https://netzpolitik.org/2007/zur-geschichte-der-fingerabdruecke-in-ausweisen/)
In Frankreich nutzte das Vichy-Regime ab 1942 den Eintrag „Jude“ auf Ausweisen für die Deportation von 76.000 Menschen im Holocaust. (mehr dazu: https://www.lto.de/recht/feuilleton/f/ausweispflicht-80-jahre-identitaetsfeststellung-kennkarten/)
Welchen Plan also verfolgt unsere Regierung, welchen anderen Grund könnte das Ganze haben?
Die Begründung: Keine. Der Gesetzesentwurf nennt in direktem Zusammenhang mit der geplanten Fingerabdruck-Pflicht kein konkretes Problem, das die geplante Fingerabdruck-Pflicht lösen soll.
Gefahren: derer viele. Wie der Chaos Computer Club bereits 2008 demonstrierte, können sich unautorisierte Dritte vergleichsweise einfach Zugang zu Fingerabdrücken fremder Personen verschaffen und diese digitalisieren und reproduzieren. CCC-Sprecher Dirk Engling erklärte damals zum Reisepass, aus unserer Sicht auch für den Personalausweis zutreffend: „Fingerabdruck-Biometrie ist nicht so sicher, wie die Politik beteuert. Sie gehört in keine sicherheitsrelevante Anwendung – und erst recht nicht in den ePass.“ (siehe: https://www.ccc.de/en/updates/2008/schaubles-finger)
Betroffen: Beinahe ausschließlich rechtstreu lebende Bürger:innen, die in keiner Weise eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen.
Die berechtigte Kritik: Die Fingerabdruckpflicht ist vollkommen unverhältnismäßig
- Die geplante Pflicht kommt einem Generalverdacht gegen Bürgerinnen und Bürger gleich, war diese doch bisher nur Verbrechern vorbehalten.
- Die in seltenen Einzelfällen zeitlich schnellere Überprüfung der Identität einer Person steht in keinem Verhältnis zu einer anlasslosen generellen Fingerabdruck-Pflicht.
- Personalausweise haben andere Funktionen als Reisepässe.
- Es existieren bessere Alternativen, die nicht geprüft wurden.
Das Ober-Einlullen-Standart-ich-weiß-auch-nichts-besseres-Seehofer-Argument packt die Politik dann aus, wenn leere Worte nötig sind, um uns endgültig zu „beruhigen“: Die Fingerabdruckpflicht in Personalausweisen diene der Abwehr von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität, biete also ein Mehr an Sicherheit.
Aber wie immer: nichts dahinter. Das zeigt nämlich die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage diverser Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Die Bundesregierung gab zu:
„Es sind keine konkreten Fälle von als terroristisch eingestufter Straftaten bekannt, in denen das Nichtvorhandensein gespeicherter Fingerabdrücke auf Personalausweisen sowie anderen Ausweisdokumenten mutmaßlich dazu geführt hätten, dass die Taten nicht verhindert bzw. nicht aufgeklärt und die Täter [nicht] ermittelt werden konnten.“
Dies sind nur einige Kritikpunkte. Eine wirklich gute Zusammenfassung der gesamten Maläse und Kritik gibt es unter: https://digitalcourage.de/sites/default/files/2020-10/digitalcourage-stellungnahme-fingerabdrueck-pflicht-2020-20-22.pdf